Von Claudia Schmidt, Niederlausitz
Liebe Gartenfreundinnen, liebe Gartenfreunde,
Mit der Gestaltung unserer Gärten können wir viel für den Schutz und den Erhalt bzw. die Förderung einer reichhaltigen Schmetterlingsfauna tun. Der Garten kann dabei als Lebensraum für den gesamten Zyklus vom Ei über die Raupe und Puppe bis zum Falter dienen, aber auch zusätzlich eine lebensnotwendige Nektarquelle für viele vorbeifliegende Schmetterlinge sein, vor allem in Zeiten, wenn anderenorts durch große Trockenheit oder häufiges Mähen der Straßen- und Wegränder die Schmetterlinge kaum noch blühende Pflanzen finden.
Zu diesen Aspekten hier in einer Kurzfassung meine Erfahrungen und Erfolge:
Betrachten wir als erstes die Möglichkeiten zur Gestaltung des Gartens mit Hinblick auf die Raupennahrungspflanzen der Tagfalter: Danach kann man grob folgende Gruppen von Faltern unterscheiden:
- Arten, deren Raupen an Gehölzen leben
- Arten, deren Raupen an Brennnesseln leben
- Arten, deren Raupen an Gräsern leben und
- Arten, deren Raupen an krautigen Pflanzen fressen.
Gehölzfalter
In eine frei wachsende Wildstrauchhecke gehören zur Förderung von Schmetterlingen und anderen Insekten vor allem Salweide (Salix caprea), Schlehe bzw. Kirsch-Pflaume (Prunus spinosa und Prunus cerasifera), Haselnuss (Corylus avellana), Brombeere und Himbeere (Rubus fruticosus und Rubus idaeus), Blutroter Hartriegel (Cornus sanguinea) sowie Faulbaum und Kreuzdorn (Rhamnus frangula und Rhamnus cathartica). Beerensträucher wie Johannisbeere und verschiedene Obstbäume (z. B. Kirsche, Pfirsich, Apfel) ergänzen die Gehölzstruktur (Abb. 1-3).
Sind diese Gehölze vorhanden, werden bald folgende Tagfalterarten ihre Eier ablegen: Zitronenfalter, Faulbaumbläuling und Grüner Zipfelfalter (Abb. 4) an Faulbaum, Kreuzdorn, Hartriegel, der C-Falter an Haselnuss oder Johannisbeere, der Nierenfleck-Zipfelfalter und der Schlehen-Zipfelfalter an Schlehe und Pflaume und der Segelfalter an sonnig stehenden Pfirsichbäumen oder auch Schlehen. Hat man großes Glück, legt auch der Große Fuchs seine Eier z. B. an Kirschen oder der Salweide ab. Auch der Trauermantel frisst als Raupe an Salweide. Eine an einer Kirschpflaume hochrankende Hopfenpflanze (Humulus lupulus) dient dem C-Falter als Raupenfutter.
Brennnesselfalter
An nährstoffreichen Stellen sollte man sowohl in sonniger als auch in halbschattiger Lage unbedingt Brennnesselbestände (Urtica dioica) gedeihen lassen. Sie sind Raupennahrungspflanzen einiger unserer bekanntesten Tagfalterarten: Das Landkärtchen bevorzugt halbschattige, feuchtere Standorte (Abb. 5), während das Tagpfauenauge (Abb. 6) und der inzwischen sehr selten gewordene Kleine Fuchs sonnige aber trotzdem luftfeucht stehende Pflanzen bevorzugen. Der Admiral legt wiederum seine Eier gern an halbschattigen, aber trocken-warmen Stellen an Brennnesseln ab. Der Kleine Fuchs, das Tagpfauenauge sowie der Admiral legen aber die Eier vorwiegend an frischen Trieben ab, weshalb zur Förderung dieser Arten ein Abmähen und ein damit verbundener Neuaustrieb der Pflanzen im Früh- bzw. Hochsommer sinnvoll ist, sofern diese nicht bereits mit Raupen anderer Arten belegt sind.
Arten der Gräser
Für die Gruppe der Gräserfalter ist es wichtig, dass die kaum beschatteten Wiesenflächen, zumindest immer in Teilen, bis zum Schlupf des fertigen Schmetterlings aus der Puppe, ungemäht bleiben. Das kann, je nach lokal vorkommenden Arten bedeuten, dass Wiesen frühestens und dann nur teilweise zu Pfingsten, besser im Spätsommer, ausschließlich mit Sense oder Motorsense gemäht werden oder aber auch, dass einzelne Wiesenflächen über den Winter ungemäht stehen bleiben, die erste Mahd erst im Spätfrühjahr des Folgejahres erfolgt (Abb. 7-9).
Für die geschlüpften Falter sollten flugzeitsynchron ausreichend Blütenpflanzen (Gehölze, Stauden oder Wiesenblumen) im Garten zur Nektaraufnahme vorhanden sein (Abb. 10-11). Dann können wir uns über die Entwicklung folgender Arten im eigenen Garten freuen: Schachbrett (Abb. 12), Großes Ochsenauge, Schornsteinfeger, Rotbraunes Ochsenauge (Abb. 13), Kleines Wiesenvögelchen, Rotbraunes Wiesenvögelchen (Abb.14), Rostbinde sowie einige Dickkopffalterarten wie der Schwarzkolbige sowie der Braunkolbige Braun-Dickkopffalter, der Rostfarbige Dickkopffalter (Abb. 15), vielleicht auch der Mattscheckige Braun-Dickkopffalter, der Spiegelfleck-Dickkopffalter, der Komma-Dickkopffalter und der Gelbwürflige Dickkopffalter.
Schmetterlinge der krautigen Pflanzen
Die Zahl der von Tagfalterraupen als Futter genutzten ein-, zwei- oder mehrjährigen Pflanzen ist sehr groß. Eine Auswahl auf der Basis eigener Erfahrungen erfolgt hier:
- Veilchenarten (Viola canina, Viola hirta, Viola odorata, Viola reichenbachiana) im Halbschatten für den Kaisermantel, an sonnigen Stellen für den Kleinen Perlmutterfalter und je nach Begebenheiten auch für eine der anderen selteneren Perlmutterfalterarten, von denen fast alle an Veilchen gebunden sind,
- Doldenblütler wie Dill (Anethum graveolens), Wilde Möhre (Daucus carota), Fenchel (Foeniculum vulgare) an sonnigen Plätzen für den Schwalbenschwanz (Abb. 16),
- Kreuzblütler wie Silberblatt (Lunaria annua), Mondviole (Lunaria rediviva), Nachtviole (Hesperis matronalis), Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata) und Wiesenschaumkraut (Cardamine pratensis) für den Aurorafalter,
- Ampfer-Arten (Rumex spp.) für den Kleinen und den Braunen Feuerfalter und für den Dukatenfalter,
- Schmetterlingsblütler, alles was „Klee“ im deutschen Namen hat wie Trifolium spp. für den Hauhechel-Bläuling, den Kurzschwänzigen Bläuling (Abb. 17) und die Goldene Acht, Hornklee (Lotus corniculatus) nutzen darüber hinaus auch noch der Dunkle Dickkopffalter, mehrere Weißlinge und der Wandergelbling, Wundklee (Anthyllis vulneraria) für verschiedene Bläulinge und den Wander-Gelbling, Luzerne (Medicago spp.) für den Hauhechel-Bläuling, die Goldene Acht und den Wandergelbling, mehrere Weißlinge, den Grünen Zipfelfalter, den Dunklen Dickkopffalter, den Faulbaum-Bläuling und den Kurzschwänzigen Bläuling, Bunte Kronwicke (Coronilla varia) für verschiedene Gelblinge, Weißlinge und Bläulinge,
- Storchschnabel (Geranium molle, pratense, pusillum) und Sonnenröschen (Helianthemum nummularium) für den Kleinen Sonnenröschen-Bläuling und den Grünen Zipfelfalter,
- Ehrenpreis (Veronica spp.) für verschiedene Scheckenfalter, darunter den Wachtelweizen-Scheckenfalter sowie
- Malven (Malva spp.) und Stockrosen (Alcea spp.) für den Malven-Dickkopffalter (Abb. 18).
Darüber hinaus bieten all diese Pflanzen auch vielen Schmetterlingen die Möglichkeiten der Nektaraufnahme. Sie sollten aber u. a. durch folgende Pflanzen ergänzt werden, die gleichzeitig auch Wildbienen Pollen für die Fortpflanzung bieten: Flockenblumen (Centaurea spp.), Wiesen-Witwenblume (Knautia arvensis) (Abb. 19-20), Reseden (Reseda spp.), Natternkopf (Echium vulgare) (Abb. 15), Wilde Karde (Dipsacus fullonum) (Abb. 21), Oregano (Origanum vulgare) (Abb. 13), Karthäusernelke (Dianthus carthusianorum), Tüpfel-Johanniskraut (Hypericum perforatum), Pfirsichblättrige Glockenblume (Campanula persicifolia), Gemeine Ochsenzunge (Anchusa officinalis), Nachtkerze (Oenothera glazioviana), Königskerzen (Verbascum spp.), Gemeine Wegwarte (Cichorium intybus).
Zusammenfassend lassen sich folgende Grundprinzipien für einen schmetterlingsfreundlichen Garten aufführen:
- Weitgehender Verzicht auf fremde Gehölze (Sträucher, Bäume) wie z. B. Kirschloorbeer (Prunus laurocerasus) oder Lebensbaum-Hecken (Thuja spp.) sowie Forsythien (Forsythia x intermedia) und Rhododendron (Rhododendron-Hybride)
- Auch bei den Stauden sollten wir heimische Wildarten bevorzugen, jedoch gibt es auch etliche nichtheimische attraktive Pflanzenarten, die für Schmetterlinge und Wildbienen gute Nektarpflanzen sind. Wichtig ist die ausschließliche Verwendung von ungefüllten Blüten, bei gefüllten Blüten sind die Fortpflanzungsorgane der Pflanzen in Blütenblätter umgewandelt, so dass kein Nektar mehr produziert wird. Diese sind ökologisch also völlig sinnfrei.
Wichtiger Pflegehinweis: Die Pflanzen unbedingt je nach Schmetterlingsart zur Überwinterung von Ei, Raupe oder Puppe über den Winter stehen lassen, ein Aufräumen der Beete erfolgt erst im Spätfrühling, wenn alle Tiere aus ihren Winterquartieren gekommen sind. Kein Aufräumen des Gartens im Herbst! Das ist auch wichtig für das Überleben aller anderen Insektenarten. - Ein Beet mit Gewürzkräutern (z. B. Dost, Thymian, Dill, Fenchel, Salbei, Lavendel) bietet nicht nur in der Küche Abwechslung, sondern ist auch für viele Schmetterlinge attraktiv als Nektarquelle.
- Und selbstverständlich keine toten Steinwüsten a la „Gärten des Grauens“ oder mit Mähroboter täglich getrimmte Rasenflächen.
Im Laufe der Zeit war es mir so möglich, in meinem etwas mehr als 2.000 qm großen naturnah gestalteten Garten innerhalb von 6 Jahren 54 Tagfalterarten nachzuweisen, die sich hier fortpflanzen oder die blühenden Pflanzen bzw. faulendes Obst zur Nahrungsaufnahme besuchen. Darunter sind jedes Jahr solche Raritäten wie der Komma-Dickkopffalter (Abb. 22), der Kleine Waldportier (Abb. 23) oder seltener der Östliche Große Fuchs (Abb. 24).
Für mich ist ein Garten nur dann stimmig, wenn er im Einklang mit den dort lebenden Tieren gepflegt wird und nicht gegen die natürlichen Begebenheiten. Was gibt es Schöneres als im Sommer mittendrin auf der Liege dem Flattern und Summen zuzusehen und zu lauschen, mit einem guten Buch in der Hand und einer Katze in der Nähe?
Hier finden Sie einige weiterführende Links zur Gestaltung eines schmetterlingsfreundlichen Gartens:
- Richert, A. & O. Brauner (2018): Nektarpflanzen und andere Nahrungsquellen sowie Raupennahrungspflanzen der Tagfalter von Berlin und Brandenburg. – Märkische Entomologische Nachrichten 20: 155-240, auch online verfügbar über diesen: Link.
- Unter www.floraweb.de/pflanzenarten/schmetterlingspflanzen ist eine Hitliste der Schmetterlingspflanzen zu finden.
- Ausführungen zu krautigen Pflanzen, die für Schmetterlinge und Wildbienen nützlich sind, findet man auch unter „Sonniger Gehölzsaum aus Wildpflanzen“
- Weitere wertvolle Informationen sind zudem in dem Buch von Ute Evers „Schmetterlinge im Garten ansiedeln, beobachten, bestimmen“ (Verlag Eugen Ulmer, 1999) zu entdecken.